SHERIFF TEDDY |
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deutsch 68 Min. | 619201 DE | nicht mehr im Handel |
Originaltitel: | Sheriff Teddy | |
Regie: | Heiner Carow | |
Musik: | ||
Darsteller: | Gerhard Kuhn, Axel Dietz, Peter Gensing, Alexander Noevoy, Hartmut Reck, Günther Simon, Erich Franz, Else Wolz, Helga Göring | |
Deutschland (Ost) 1957 |
In seinem Wohnviertel im Westsektor der geteilten Stadt Berlin ist der 13jährige Kalle Chef der Teddy-Bande, einer eingeschworenen Gruppe von Jungen, die in ihrem Revier rund um den alten Keller eines Ruinenhauses die Vorherrschaft beanspruchen. Seine Stellung als Sheriff versucht ihm bisweilen das hochgewachsene Bandenmitglied Schlacks streitig zu machen. Als Kalles Familie in den Ostsektor umzieht, sieht Schlacks seine Chance gekommen, die Anführerschaft der Teddy-Bande zu übernehmen.
Im neuen Wohnbezirk im Osten ist Kalle ein Niemand. Sein Titel "Sheriff Teddy" ist hier nichts wert, außer daß er schallendes Gelächter bei den Mitschülern hervorruft. Kalle landet hart auf dem Boden der Realität. Er muß von ganz unten anfangen, sich eine Position unter den Gleichaltrigen aufzubauen. Im sozialistischen Osten ist alles anders. Kalles Schlagring gilt hier als Instrument der Feigheit, weil es gegenüber dem mit bloßen Fäusten kämpfenden Gegner hinterhältig ist. Davon läßt sich Kalle vom Lehrer noch überzeugen. Daß seine Romanheftchen mit Heldengeschichten von Tarzan und Zorro im Osten verpönt sind, kann der Junge aus dem Westen aber nicht verstehen.
Klassenkamerad Andreas fordert den Neuen mit wiederholten Provokationen heraus. Andreas ist beeindruckt, daß Kalle keine Furcht zeigt. Aber noch mag er das nicht zugeben. Kalle mobilisiert seine alten Freunde aus dem Westsektor, Schlacks und die Jungs sollen rüberkommen, um Andreas einen Denkzettel zu verpassen. Es läuft aber alles anders als geplant. Schließlich schafft es Andreas, ein zaghaftes Band der Freundschaft zu Kalle zu knüpfen. Kalle möchte so gern Anschluß finden, deshalb greift er nach der ausgestreckten Hand, benutzt aber in der Not unehrliche Mittel, um Anerkennung zu erlangen. Andreas ist tief enttäuscht. Doch er will den neuen Freund nicht aufgeben. Als Kalle aus Verzweiflung über seine eigenen Fehler sich von seinem großen Bruder Robbi in eine kriminelle Sache hineinziehen läßt, holt Andreas die Jungs zusammen, um Kalle rauszuboxen...
Eine erstaunliche Freundschaft wird in diesem zeitgeschichtlich einzigartigen Jugendfilm beschrieben. In der Anfangszeit der ideologischen Teilung Deutschlands, wo die Grenzen zwischen den Sektoren Berlins noch frei passierbar sind, kristallisieren sich zwei Welten heraus. Produziert in der DDR, wird natürlich in dem Film alles Negative dem kapitalistischen Westen zugewiesen. Alles was Kalle aus dem Westen an Gegenständen und Verhaltensweisen mitbringt, wird im Osten schlechtgemacht.
Dafür zeigen ihm Klassenkameraden und Lehrer die Werte auf, welche in der sozialistischen Gesellschaft im Vordergrund stehen. Dies sind, und das entzieht den Film auf so raffinierte Weise dem Makel der Propaganda, keine explizit politischen Inhalte, sondern ganz allgemeingültige soziale Werte. Es wird suggeriert, der sozialistische Staat sei der bessere, weil der Schlagring als heimtückisches Kampfmittel abgelehnt wird. Damit beginnt eine Spirale der Suggestionen, die so subtil in die Geschichte eingeflochten sind, daß sie dem zeitgenössischen Zuschauer damals sicher weit weniger aufgefallen sind, als sie dem geschichtswissenschaftlichen Betrachter heute ins Auge stechen. Kalle versucht mit unaufrichtigen Mitteln wie Täuschung, Diebstahl, Betrug und auch Gewalt sich Respekt zu verschaffen, ganz so wie er es aus dem Überlebenskampf im kapitalistischen Westen gewohnt ist, wo nur der Stärkere nach vorne kommt. Bei den Jungen im sozialistischen Osten wird das nicht akzeptiert, denn hier zählt Ehrlichkeit und Gemeinschaft.
In der Filmkritik höher zu bewerten als die ideologischen Spitzen ist die Ausarbeitung des Motivs der Freundschaft zwischen den zwei Jungen. Kalle und Andreas haben sehr unterschiedliche Hintergründe. Kalle kommt als Fremder in eine neue Umgebung, wo alles anders ist. Er muß sich an vieles gewöhnen; er muß begreifen, daß er hier nur bestehen kann, wenn er sich an die Gegebenheiten anpaßt und die hier geltenden Spielregeln akzeptiert.
Zugleich erkennt er, daß sein vermeintlicher Kontrahent Andreas ein ganz normaler Junge mit reizvollen Freizeitinteressen ist. Der kindliche Spieltrieb überwindet an dieser Stelle alle Gräben, und die zwei Jungen finden zueinander. Der finale Akt der Freundschaft liegt bei Andreas, der über sich hinauswächst und alles riskiert, um Kalle als Freund zu gewinnen und zu behalten. Eine solche Hingabe an den wunderbaren Moment gemeinsamen Glücks gibt es nur unter Heranwachsenden. Rückblickend sollte man den Film vorrangig unter diesem Aspekt ansehen und genießen.
(Pino DiNocchio)
619201 DE | ||
Tonspur: | Deutsch | |
Untertitel: | keine | |
Länge: | 68 Min. | |
Bild: | 4:3 Vollbild 1:1.33 - s/w | |
Extras: | ||
- minus - | Covermotiv mit Zensurzeichen überdruckt |