HEIMLICHE FREUNDSCHAFTEN |
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![]() 98 Min. | 621179 DE |
Originaltitel: | Les amitiés particulières | ![]() |
Filmlänge: | 96 Min. ohne Abspann | |
Regie: | Jean Delannoy | |
Musik: | ||
Darsteller: | Francis Lacombrade, Didier Haudepin, François Leccia, Dominique Maurin, Louis Seigner, Michel Bouquet, Lucien Nat, Gérard Chambre, Dominique Diamant | |
Frankreich 1964 |
Erst ab der Obertertia kommt Georges de Sarre, Sohn einer wohlhabenden adligen Grundbesitzerfamilie, auf das katholische Internat Saint-Claude. Der gleichaltrige Lucien Rouvière freundet sich gleich mit dem Neuankömmling an, und so erfährt Georges bald von Luciens intimer Freundschaft zu dem Kameraden André Ferron.
Wenngleich sie verboten sind, scheinen derartige Beziehungen unter den Schülern der Anstalt nicht selten vorzukommen. Georges findet das recht befremdlich. In dem anerzogenen religiösen Irrglauben, eine solche Verbindung sei unmoralisch, spielt Georges dem Rektor einen zufällig in seine Hände gefallenen Liebesbrief zu. Dieser infame Verrat führt zu Andrés Verweis von der Schule und hinterläßt Lucien, der unentdeckt bleibt, mit gebrochenem Herzen.
Nur langsam begreift Georges, was er getan hat. So richtig klar wird ihm das erst, als er sich selbst in einen Jungen verliebt. Der engelsgleiche Alexandre Motier aus der Unterstufe erwidert die einladenden Blicke, die ihm der ältere Schüler zuwirft. Der erst 12 Jahre alte Alexandre aus der Quarta fühlt sich geschmeichelt, von einem der großen Jungen für eine heimliche Freundschaft umworben zu werden.
Die beiden schreiben sich romantische Briefe, die sie sich mit allerlei Tricks zukommen lassen, stets mit dem bewußten Risiko erwischt zu werden. Ein persönlicher Kontakt zwischen älteren und jüngeren Schülern ist im streng geregelten Tagesablauf des Internats nicht gestattet. Georges und Alexandre treffen sich regelmäßig an einem geheimen Ort, um mit flammenden Worten ihre Verbundenheit zu beschwören.
Pater de Trennes beobachtet zunächst argwöhnisch die Freundschaft von George und Lucien. Er interpretiert mehr hinein als da wirklich vorhanden ist. Offen gibt er ihnen zu erkennen, daß er der Verbindung wohlwollend gesonnen ist. Pater de Trennes schwärmt den zwei Schülern vom Zeitalter der alten Griechen vor. Die leidenschaftliche Anspielung auf die im antiken Griechenland verbreitete Homosexualität und die Knabenliebe ist unschwer zu erkennen. Georges und Lucien sind über de Trennes falschen Verdacht gleichermaßen amüsiert wie auch alarmiert, vor ihm auf der Hut zu sein.
Es bleibt nicht aus, daß Pater de Trenne durch seine unablässige Schnüffelei hinter die heimliche Beziehung zwischen Georges und dem kleinen Alexandre kommt. Jetzt setzt er die beiden mächtig unter Druck. Georges ergreift eine gute Gelegenheit, um die nicht minder sündigen Umtriebe des Paters, der nachts Schüler in seine Kammer holt, zu denunzieren. Mit Erfolg räumt er dadurch de Trennes aus dem Weg. Doch dem folgt nun Pater Lauzon, der Beichtvater von Georges, der das grausame Vernichtungswerk gegen die junge Liebe fortsetzt und ein tragisches Ende heraufbeschwört...
Der tragische Ausgang enthüllt die ganze Häßlichkeit des mörderischen katholischen Pfaffenregimes, das mit einer grausam liebesfeindlichen Religion die Menschen einer sklavischen Schreckensherrschaft aussetzt.
In dem Drama voller Mißtrauen, Bespitzelung und Verrat toben infame Machtkämpfe. Mit Eleganz kleiden die Worte die Verlogenheit in Poesie, denn selten werden Konversationen in gewöhnlicher Umgangssprache geführt. Man spricht in vieldeutigen Floskeln.
Die in der Verfilmung nach dem aufsehenerregenden Roman "Les amitiés particulières" von Roger Peyrefitte dargestellten homoerotischen Freundschaften in einem katholischen Internat haben große Ähnlichkeit mit den von Henry de Montherlant in dem unter gleichem Titel auch verfilmten Bühnenstück "La ville dont le prince est un enfant" beschriebenen und später in seinem Roman "Les Garçons" komplettierten Ereignissen.
Der Film umfaßt die drei Trimester eines Schuljahrs, und er vergrößert gegenüber dem Roman den Altersunterschied zwischen den zwei Jungen. Das setzt differenziertere Akzente auf das Motiv der Freundschaft. Alexandre sonnt sich in dem Gefühl, von dem deutlich älteren Jungen als Freund umschwärmt und begehrt zu werden. Zwar ist es für den 12jährigen mehr nur ein aufregendes Spiel, doch weiß er sehr wohl um seine reizende Wirkung auf Georges. In seiner kindlichen Naivität genießt Alexandre die Bewunderung und die ungeteilte Aufmerksamkeit, die ihm durch den großen Freund zuteil wird.
Didier Haudepin spielt den hübschen, verführerischen Alexandre hinreißend. Seine lebhaften, vor Begeisterung glühenden Blicke und seine sprudelnden Worte der hingabevollen Verbundenheit fordern den eher schüchternen Georges heraus. Ihm imponiert Alexandres Geradlinigkeit, sein Stolz, seine Treue, sein Mut, sein Trotz, sich furchtlos den autoritären Drohungen und Schikanen der Pfaffen entgegenzustellen.
"Die wollen uns vorschreiben, was Sünde ist? Sie sind bloß eifersüchtig; sie platzen vor Eifersucht!" stellt Alexandre klug fest. Da ahnt der aufgeweckte Knabe noch nicht, welch tödlichen Schmerz die selbstherrlichen katholischen Erzieher seiner unschuldigen Seele zufügen werden. Pater Lauzon versteht sehr genau, welcher Natur die Beziehung der zwei Jungen ist. Er gesteht die Existenz gleichgeschlechtlicher Liebe ein; weil sie aber mit dem katholischen Menschenbild nicht vereinbar ist, darf es sie nicht geben. Er muß sie mit allen Mitteln der Gewalt zerstören.
Lauzon erpreßt die Schüler, ihrer Liebe zu entsagen. Georges, der eigentlich reifer sein sollte, ist von dem religiösen Diktat schon so vereinnahmt, daß er dem psychischen Druck nachgibt und eine fatale Entscheidung trifft.
Alexandre hingegen kann in seiner herzlichen Zuneigung zu dem älteren Freund nichts Sündiges erkennen. Sexuelle Regungen stehen noch weit im Hintergrund, zumindest im Film wird nichts davon angedeutet. Das ist auch nicht notwendig, denn das katholische Regime verdammt nicht nur die explizite Sexualität, sondern verbietet auch schon die reine Liebe. "Les amitiés particulières" konfrontiert den morbiden Charakter des christlichen Glaubens mit dem jugendlichen Schrei nach Freiheit.
(Pino DiNocchio)
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![]() | 621179 DE - mit Wendecover - | ![]() |
Tonspur: | Deutsch / Französisch | ||
Untertitel: | keine | ||
Länge: | 98 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.78 - s/w | ||
Extras: | Wendecover |
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