DER MANN MIT DEM FAGOTT |
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deutsch 212 Min. / Special Edition | 668531 DE | nicht mehr im Handel | |
deutsch 212 Min. | 668539 DE | ||
deutsch 221 Min. | 768539 DE | nicht mehr im Handel |
Originaltitel: | Der Mann mit dem Fagott | |
Filmlänge: | DVD 201 Min. ohne Vor- und Abspann | |
Regie: | Miguel Alexandre | |
Musik: | ||
Darsteller: | Udo Jürgens, David Rott, Alexander Kalodikis, Christian Berkel, Ulrich Noethen, Herbert Knaup, Valerie Niehaus, Franziska Stavjanik, Melika Foroutan, Joel Eisenblätter, Elias-Lanoo Kassner, Lenn Kudrjawizki | |
Deutschland / Österreich 2011 |
Der 1870 in Bremen geborene Heinrich Bockelmann hat als Bankier in Rußland mit der Finanzierung des repressiven Zarenregimes ein Vermögen gemacht. Bei Kriegsausbruch 1914 muß er mit seiner Familie fluchtartig Moskau verlassen. Seine russische Frau und die Kinder dürfen ausreisen, weil Heinrich die Beamten besticht. Sie finden in Schweden Zuflucht. Heinrich selbst wird festgenommen und der Spionage beschuldigt. Er ist ein erster Kriegsgefangener ohne überhaupt gekämpft zu haben.
Heinrichs Sohn Rudi gründet später als Erwachsener eine Familie und läßt sich als Gutsherr in Österreich nieder. Aus Opportunismus unterstützt er die Nazis, wird Parteimitglied und Bürgermeister, bereichert sich selbstverständlich auf seinem Bauernhof an den Diensten verschleppter russischer Zwangsarbeiter. Rudis jüngster Sohn Udo entdeckt 1944 die Leidenschaft für die Musik, als er nächtens heimlich am Flügel das Geräusch der am Himmel fliegenden Bomber nachzumachen versucht. Durch die Brutalität eines HJ-Führers erleidet der kleine Udo eine schwere Verletzung am Trommelfell. Auf einem Ohr wird er nie mehr richtig hören können.
Gegen Kriegsende bringt Rudi seine Familie vor der nahenden Sowjetarmee von Kärnten nach Norddeutschland in Sicherheit. Dafür wird er von den Nazis des Verrats beschuldigt. Das Schicksal seines Vaters Heinrich aus dem Ersten Weltkrieg wiederholt sich bei Rudi im Zweiten Weltkrieg.
In den 1950er Jahren residiert die Großfamilie Bockelmann feudal in Hamburg. Rudis Bruder Erwin hat Karriere als Industrieller gemacht. Man sorgt sich um Udos Zukunft. Die beruflichen Perspektiven, die ihm die mächtige Familie bietet, schlägt der junge Mann aus. Der Träumer interessiert sich für nichts anderes als für Musik. Udo spielt Klavier und singt amerikanische Songs. Lieber macht er als armer Barmusiker Jazz und Rock'n'Roll, als einen Posten in einer der Firmen anzutreten, die ihm Vater und Onkel anbieten. Eine Reise in die USA bekräftigt seine Entscheidung, sein Leben dem Jazz zu verschreiben.
Udo Jürgen Bockelmann bekommt einen Schallplattenvertrag als Schlagersänger. Jetzt nennt er sich Udo Jürgens. Mit der Schlagersängerei ist er überhaupt nicht glücklich. Aber er weiß, daß dies für ihn als Anfänger im Musikgeschäft ein Sprungbrett ist. Er wehrt sich gegen die Schlagermusik, die ihm die Plattenfirma aufdrücken will. Seine eigenen Kompositionen sind am deutschen Markt nicht verkäuflich, Jazz und Chansons sind zu anspruchsvoll für die heile Welt des westdeutschen Wirtschaftswunders.
Udo glaubt an sich, bis jemand sein Talent entdeckt. 1963 findet der ambitionierte Musiker einen Produzenten, der ihn mit seinen eigenen Liedern groß rausbringen will. Die großbürgerliche Familie Bockelmann schämt sich für Udos Dasein als Barmusiker. Man ist regelrecht empört. Erst als Udo Jürgens 1966 im Fernsehen den Songwettbewerb "Grand Prix d'Eurovision de la Chanson" gewinnt, findet er auch in der Familie als Musiker Anerkennung.
Die Familienchronik der Bockelmanns erzählt die Geschichte eines Jahrhunderts, und das sind mehrere Geschichten.
Der Mann mit dem Fagott, das ist eine Figur, die Heinrich und seine Nachkommen auf sentimentale Weise begegnet und prägt. In ihm vermischen sich Biografie, Schicksal und romanhafte Fiktion. Was in dem Film reale Begebenheiten sind und was erfunden ist, das kann der Zuschauer nicht unterscheiden. Der TV-Zweiteiler ist so perfekt inszeniert als wäre es eine glatte Romanverfilmung. Eine reine Historiendarstellung ist es jedenfalls nicht, dafür sind die gezeigten Ereignisse zu selektiert.
Welchen Einfluß die sehr ausführlich erzählten Schicksale von Vater Rudi und Großvater Heinrich in den krisenhaften Zeiten während der zwei Weltkriege letztlich auf Udo hatten, das macht der Film nicht ersichtlich. Zu sehr liegt in der Darstellung von Udos frühem Lebenslauf der Fokus auf seinem musikalischen Werdegang. Abgesehen von der späten Begegnung mit der Hitlerjugend hatte Udo Jürgens nicht unter totalitären Regimes zu leiden. Er wurde mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Die Chronik demonstriert schamlos, wie die wohlhabende Familie Bockelmann ihren Reichtum und ihre Macht in Politik und Wirtschaft durch alle Wirren der Zeit erhalten konnte. Kriege, Revolutionen, Diktaturen, Wirtschaftszusammenbrüche, Flucht - nichts konnte den sozialen Status der Bockelmanns als Mitglieder der oberen Gesellschaftsschicht dauerhaft ins Wanken bringen.
So bewegend die Geschichte auch ist, der 8jährige Udo wird sehr herzig gespielt von Alexander Kalodikis, als jungen Erwachsenen spielt ihn David Rott, und als gealterten Mann spielt er sich selbst, bleibt noch eine Frage unbeantwortet: Weshalb hat der talentierte Musiker, der sich so sehr dem Jazz und dem Chanson verbunden fühlte, der echten Musik am Ende doch eine Karriere als Schlagersänger vorgezogen? Waren es die Ruhmsucht und die Abermillionen, die er nur damit verdienen konnte, daß er dümmliche Schunkelschlager für die illusorische Eierkuchenwelt der Volksmassen produzierte? Verhungert wäre er beim Reichtum seines Familienclans auch als Chansonnier oder Jazzmusiker nicht.
Udos jugendliche Rebellion gegen den Vater bleibt eine Episode. Die Kontinuität in der Familie Bockelmann liegt in der opportunistischen Haltung. Der Mann mit dem Fagott, der in Gestalt eines Straßenmusikers den wagemutigen Heinrich Bockelmann zu einem Schritt inspirierte, welcher ihm einen rasanten Aufstieg bescherte, begleitet in Gestalt einer Bronzefigur als Familienmaskottchen ein Jahrhundert lang die Erfolgsgeschichte von griechischem Wein mit Sahne.
In einem dicken Mercedes fährt Udo Jürgens 2010 vor einem Moskauer Plattenbau vor, um einen alten Freund in seiner kleinen Wohnung zu besuchen und die so symbolträchtige Bronzefigur nach Hause zu holen. Während der alte Heinrich sich nach dem Krieg ernüchtert und selbstkritisch zurückzog, sonnte sich Enkel Udo im Glamour und mystifiziert seine dekadente Karriere mit dieser semibiografischen Selbstinszenierung.
(Pino DiNocchio)
668531 DE | ||
Tonspur: | Deutsch | |
Untertitel: | D | |
Länge: | 212 Min. | |
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.78 | |
Extras: | Making of (inklusive einem ausführlichen Interview mit Udo Jürgens); Booklet; Autogrammkarte | |
- minus - | Aufbewahrungsbox: Digipack mit großflächigem BRD-Zensuraufdruck auf der Vorderseite |
668539 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 212 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.78 | ||
Extras: | Wendecover |
768539 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 221 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.78 | ||
Extras: | Wendecover, Making of (inklusive einem ausführlichen Interview mit Udo Jürgens); Booklet; Autogrammkarte |