CAPERNAUM - STADT DER HOFFNUNG |
|||
---|---|---|---|
deutsch + arabisch 122 Min. | 676489 DE | ||
deutsch + arabisch 126 Min. | 776489 DE |
Originaltitel: | Capharnaüm | |
Filmlänge: | BD 120 Min. ohne Abspann | |
Regie: | Nadine Labaki | |
Musik: | ||
Darsteller: | Zain Al Rafeea, Yordanos Shiferaw, Boluwatife Treasure Bankole, Kawthar Al Haddad, Fadi Kamel Youssef, Nour el Husseini, Cedra Izam | |
Libanon 2018 |
Ein Kind klagt an: Vor einem Gericht in Beirut zieht der 12jährige Zain seine Eltern zu Rechenschaft. Der Junge will wissen, weshalb sie ihn zur Welt gebracht haben, obwohl ihnen klar war, daß sie ihn nicht versorgen können. Gebannt lauscht der Richter, wie Zain seine Lebensgeschichte erzählt.
Die kinderreiche Familie haust in einer völlig heruntergekommenen Wohnung mit gravierenden Baumängeln. Der Vater hat selten Arbeit. Den Frust über das armselige Leben ohne jede Perspektive lassen die Eltern an den Kindern aus. Zain wird ständig gedemütigt, beschimpft, geschlagen. Ihm wird verboten, in die Schule zu gehen. Statt dessen muß er im Krämerladen des Vermieters arbeiten und so zum Familieneinkommen beisteuern.
Als Zain entdeckt, daß seine Schwester ihre erste Periode hat, versucht er dies vor den Eltern zu verbergen. Zu gut weiß er, was passieren wird, wenn sie es erfahren. Lange können die beiden es nicht geheim halten. Als die Schulden und Mietrückstände zu erdrückend werden, beschließen die Eltern, Zains Schwester dem gierigen Vermieter als Ehefrau zu geben. Zain ist entsetzt. Mit allen Mittel versucht er, das Vorhaben zu vereiteln. Stets hatte er die geliebte Schwester beschützt. Aber diese Sache ist zu groß für einen kleinen Jungen. Eine gemeinsame Flucht schlägt fehl. Verzweifelt packt Zain sein Bündel und verläßt die Familie.
Für einige Zeit findet Zain Unterschlupf bei einer Äthiopierin mit einem Baby, die sich illegal im Libanon aufhält und schwarz arbeitet. In dem Bretterverschlag in den Slums von Beirut ist es kaum besser als in seinem vorherigen Zuhause, aber Zain bestimmt jetzt über sich selbst und wird nicht länger mißhandelt. Die Afrikanerin duldet den zugelaufenen Streuner, denn er macht sich als prima Babysitter nützlich, während sie arbeiten geht. Eines Tages kommt sie nicht wieder. Zain ahnt nicht, daß sie von der Polizei geschnappt wurde. Tapfer schlägt sich der Junge nun zusammen mit dem quengelnden Kleinkind im täglichen Überlebenskampf durch die Straßen und Märkte von Beirut.
Zains nächster Plan ist es, sich von einem Schleuser in die Türkei bringen zu lassen. Das Geld bringt er zusammen, aber seine Geburtsurkunde muß er aus der Wohnung seiner Eltern holen. Die besitzen für ihre Kinder keine Papiere. Zain schäumt vor Wut. Als er auch noch erfährt, was mit seiner Schwester nach der Zwangsverheiratung passiert ist, brennen bei Zain alle Sicherungen durch...
In dem biblischen Fischerdorf Kafarnaum am See Genezareth soll Jesus eine zeitlang gelebt haben. Im französischen und arabischen Kulturraum wird der Name als ein Sinnbild für einen Ort des Chaos verwendet. Für den libanesischen Jungen, der von seiner elenden Familie wegläuft, ist es der unwirkliche Platz, an dem Fluch und Hoffnung seines Lebenswegs liegen. In Bildern von ungeheuerer Kraft erhebt sich ein kleiner Junge gegen die fundamentale Ungerechtigkeit. Der Gerichtsprozeß ist ein Konstrukt, durch welches symbolisch die Kinderrechte eingefordert werden.
Die libanesische Regisseurin Nadine Labaki hörte beim Streetcasting in Beirut von vielen Kindern Erschütterndes über deren Lebenssituation. Tatsächlich äußerten viele den Wunsch, nie geboren zu sein. Sie sind wütend, fühlen sich ungeliebt, vernachlässigt, was mitunter bis zur Selbstverachtung führt. Nicht selten kennen sie ihr Geburtsdatum und ihr genaues Alter nicht.
Seit Jahrzehnten ist der Vielvölkerstaat Libanon ein Pulverfaß. Seit die zionistischen Juden mit der Vertreibung der arabischen Bevölkerung aus Palästina und den Kriegen des "State of Israel" gegen den Libanon das Land ins Chaos gestürzt haben, ist es nicht zur Ruhe gekommen. Unregistrierte Kinder, die niemand kennt und niemand vermißt, sind nicht ungewöhnlich. Die komplizierte Bürokratie des multiethnischen und multireligiösen Staatsgebildes tut ihr Übriges dazu. Mit der Flüchtlingswelle des syrischen Bürgerkriegs hat das fragile Land eine weitere unvorstellbare Last zu tragen.
Auch der kleine Hauptdarsteller, der echte Zain, war mit seiner Familie aus Syrien gekommen. Zain Al Rafeea kann sich mit seiner Filmrolle gut identifizieren. Er ist selbst in den Straßen des Libanon aufgewachsen, hat nicht eine Schule besucht. Der Junge bringt mit seiner (Über-)lebenserfahrung eine tief unter die Haut gehende Glaubwürdigkeit auf die Leinwand. Mit seiner fulminanten Darstellung in "Capernaum" möchte Zain allen Kindern dieses Milieus eine Stimme und ein Gesicht geben. Sein Mitwirken in der Geschichte der Filmfigur sieht er auch als seinen eigenen persönlichen Kamp gegen die Mißstände, unter denen so viele Kinder in den Wirren des Nahen Ostens leiden. Dank der internationalen Beachtung, die er durch den Film erfuhr, lebt Zain mit seiner Familie heute in Norwegen.
(Pino DiNocchio)
676489 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch / Arabisch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 122 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:2.35 | ||
Extras: | Wendecover, Interview, Making of |
776489 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch / Arabisch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 126 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:2.35 | ||
Extras: | Wendecover, Interview, Making of |