FAMILIENTRÄUME |
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spanisch 125 Min. deutsche Untertitel | 679514 DE | nicht mehr im Handel |
Originaltitel: | La otra familia | |
Filmlänge: | 119 Min. ohne Abspann | |
Regie: | Gustavo Loza | |
Musik: | ||
Darsteller: | Jorge Salinas, Luis Roberto Guzmán, Bruno Loza, Alejandro Calva, Ana Serradilla, Ana Soler, Luis Gerardo Méndez, Nailea Norvin, Andrés Almeida, Mario Zaragoza, Juan Ríos, Dominika Paleta, Carmen Salinas, Silverio Palacios | |
Mexiko 2011 |
Sogar ein christlicher Gottespriester gibt dem seit 10 Jahren zusammenlebenden Männerpaar José Maria und Jean Paul den Segen zu ihrer Hochzeit. Kaum vermählt, sieht sich das Ehepaar ganz unvermittelt mit der Frage konfrontiert, ob sie denn auch eine Familie gründen wollen. Ein Kind zu haben war für die beiden Karrieremänner eigentlich nie ein Thema gewesen. Nun bittet Jean Pauls lesbische Freundin Ivana ihn, für einige Tage den Sohn ihrer drogensüchtigen Nachbarin Nina zu sich zu nehmen. Der kleine Junge kann nicht länger in der verwahrlosten Wohnung bleiben, während seine Mutter im Sumpf von Drogen und Prostitution untergeht.
Der 7jährige Hendrix aus einem schäbigen Wohnblock fühlt sich in Acapulco zuerst reichlich fremd in einer Luxusvilla mit Swimming Pool, Hauspersonal und zwei Männern, die zusammen nackt im Bett liegen. José Maria, genannt Chema, ist nach anfänglichem Mißtrauen schnell ganz vernarrt in den schüchternen Knirps, den sein Partner da angeschleppt hat. Chema und Jean Paul entdecken die Freuden des Familienlebens. Sie wollen Hendrix ein behütetes Zuhause geben. Er soll eine gute Schule besuchen. Obwohl sie wissen, daß sie das fremde Kind nicht behalten können, gewöhnen sie sich rasch an ihren Schützling.
Langsam taut Hendrix auf. Er beginnt die fürsorgliche Zuwendung der zwei väterlichen Männer zu mögen, er faßt vorsichtig Vertrauen. Und er akzeptiert, daß sie ein Liebespaar sind, denn das ist zwar ungewöhnlich, ändert aber nichts an ihrer zuvorkommenden Freundlichkeit.
Die homophoben Hausangestellten hingegen sind besorgt. Auch der befreundete Pater Tomás mahnt Grenzen an. Zwei schwule Männer und ein kleiner Junge in einer Wohnung, da blühen böse Fantasien. Noch Böseres bricht ganz real auf das junge Familienglück herein:
Ninas Macker Patrick will Hendrix über ein illegales Adoptionsgeschäft verkaufen, um seine Schulden bei Unterweltboss Caiman bezahlen zu können...
Gegen Ende wird es richtig häßlich. In dem dicht gepackten Drama greifen mehrere Nebenhandlungsstränge ineinander und schleudern Jean Paul, Chema und Hendrix in finstere Abgründe einer Gesellschaft, die nur Gewalt kennt. Das kriminelle Milieu um Drogendealer, Zuhälter und amateurhafte Kinderhändler findet seinen Gegenpart in der Intoleranz des religiös geprägten Bürgertums gegenüber individuellen Lebensentwürfen von Liebe und Familie und in dem aus dieser Intoleranz resultierenden Polizeistaat. Allein auf der Basis von Vorurteilen werden gut situierte Bürger aus der oberen Mittelschicht wie Jean Paul und Chema gleichgestellt mit Verbrechern aus der Gosse.
Der Junge ist "Objekt" der Geschichte, erzählt wird sie jedoch nicht aus seiner Perspektive, sondern aus Sicht der Erwachsenen. In deutlicher Abgrenzung zu vielen US-amerikanischen Produktionen aus diesem Themenkreis ist der mexikanische Film "La Otra Familia" gänzlich frei von pathetischen Überhöhungen. Es geht nicht um Besitzansprüche an einem Kind. Jean Paul und Chema handeln trotz ihrer emotionalen Zuneigung aufrichtig im Interesse des Jungen. Sie sind bereit jeden Preis zu zahlen, damit Hendrix so aufwachsen kann, wie er selbst es möchte.
Hendrix macht die meiste Zeit ein ernstes Gesicht. Es passiert so viel, und er begreift nicht, was mit ihm geschieht. Obwohl er bei Nina vernachlässigt wurde, hat der Junge eine instinktive Bindung zu seiner leiblichen Mutter. Kinder sind mit einzelnen Elternteilen oft bedingungslos solidarisch, auch wenn diese noch so jämmerliche Versager sind. Eher gibt sich ein Kind die Schuld am Unglück des Elternteils, als dessen Unfähigkeit einzugestehen. Der Film zeigt auch, wie erstaunlich flexibel Kinder sein können. Hendrix gewöhnt sich bei den beiden fremden Männern schnell ein, so daß er gerne dort bleiben möchte. Zugleich möchte er auch seine Mutter bei sich haben. Die größeren Zusammenhänge kann der 7jährige kaum erfassen, aber sich auf neue Dinge einstellen, das fällt ihm nicht so schwer.
Am Ende spielt es denn keine Rolle, ob Jean Paul und Chema homosexuell sind. Sie sind keine Kinderfresser. Auch Ivana und ihre lesbische Lebenspartnerin Gloria verfolgen sehr unkonventionelle Pläne, um sich ihren Wunsch nach eigenem Nachwuchs zu erfüllen. Wege gibt es viele. Entscheidend ist das Motiv für den Kinderwunsch. Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ist da nur ein Baustein auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der das Kindeswohl unverrückbar vor dem Egoismus der Erwachsenen zu stehen hat.
(Pino DiNocchio)
Bildnachweis: Verwendung der Bilder aus dem Film mit freundlicher Genehmigung der Pro-Fun Media GmbH
Bildmaterial © 2012 by PRO-FUN MEDIA
679514 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Spanisch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 125 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.85 | ||
Extras: | Wendecover, Hinter den Kulissen (OF), entfallene Szenen, Musikvideo |