DIE PERLMUTTERFARBE |
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![]() 99 Min. | 682241 DE | nicht mehr im Handel |
Originaltitel: | Die Perlmutterfarbe | ![]() |
Filmlänge: | 93 Min. ohne Abspann | |
Regie: | Marcus H. Rosenmüller | |
Musik: | Gerd Baumann | |
Darsteller: | Markus Krojer, Dominik Nowak, Zoë Mannhardt, Benedikt Hösl, Thomas Wittmann, Samuel Cakan, Ferdinand Hofer, Franziska Scheuber, Paul Beck, Gustav-Peter Wöhler, Johannes Silberschneider, Josef Hader | |
Deutschland 2008 |
Alles beginnt mit dem Malwettbewerb in der Schule. Den will Alexander aus der A-Klasse unbedingt gewinnen, um der Klassenkameradin Lotte zu imponieren. In sie ist der 13jährige nämlich verliebt, nur traut er sich nicht es ihr zu sagen.
Auch der Maulwurf, der geniale Tüftler und Erfinder in der A-Klasse, will mit seiner neusten Erfindung, der Perlmutterfarbe, den Wettbewerb gewinnen. Wenn man damit malt, schimmert das Papier nach dem Austrocknen durchsichtig weiß. Nie zuvor hat jemand eine so schöne Farbe gesehen.
Durch einen dummen Zufall kullert das Fläschchen mit der Perlmutterfarbe unbemerkt in Alexanders Schulranzen. Durch einen ebenso dummen Unfall betropft die Farbe das Buch, welches Alexander sich vom B-Karli ausgeliehen hat, weil er daraus eine Zeichnung abpausen und sie beim Malwettbewerb als seine eigene ausgeben wollte. In Panik verbrennt Alexander das Buch im Ofen. Die Wahrheit über alles verschweigt er.
B-Karli ist wütend weil Alexander ihm das Buch nicht zurückgeben will, welches er doch unerlaubt aus dem Schrank seines Vaters genommen hatte. Alexander aus der A steht als ein gemeiner Dieb da. Der Maulwurf beklagt das Verschwinden seiner Farbflasche aus dem Zeichensaal. Nur einer aus der B kann sie gestohlen haben. Zwischen Klassen A und B hagelt es nun gegenseitige Beschuldigungen.
Der neue Schüler Reinhold Gruber, der schon einen Kopf größer und älter ist als die anderen, zieht jetzt das Ruder an sich. Geschickt erschleicht er sich Alexanders Gefolgschaft, indem er ihn erpreßt. Gruber findet nämlich heraus, daß Alexander im Besitz der verschwundenen Farbe ist. Gruber fädelt ein intrigantes Lügengeflecht ein, um die Jungen gegeneinander auszuspielen. Die Schüler der "ehrlichen" Klasse A schart er um sich und hetzt sie gegen die angeblich verlogene B auf. Gruber macht aus den Klassenkameraden eine geheime Truppe, die sich seinen strengen Regeln, seiner Disziplin und seiner Führerschaft unterwirft. Die Feindschaft zwischen den Klassen A und B wird weiter geschürt, bis es zur Rauferei kommt. Alexander verfängt sich immer tiefer in einem Netz aus Lügen. Alle seine verzweifelten Versuche, das Unheil wieder gutzumachen, schlagen fehl und führen nur zu neuen Komplikationen. Alexander verliert das Vertrauen seiner Freunde. Gruber treibt weiter Keile zwischen die Jungs und besteht auf die Bestrafung von angeblichen Verrätern.
Die Rivalität zwischen Kinderbanden ist ein häufiges Thema in der Jugendliteratur des 20. Jahrhunderts. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht hat mit den Schulen einen neuen gesellschaftlichen Raum entstehen lassen, wo alle Kinder an einem Ort konzentriert sind. Erst dadurch konnte sich eine Jugendkultur ausprägen, welche die bisherige Konkurrenz der traditionalen territorialen Gruppen des ländlichen und städtischen Siedlungsraums aufsog und um ein Vielfaches verstärkte und diversifizierte.
Die Erzählung "Die Perlmutterfarbe" spielt im Jahr 1931. Gruber ist der Sohn des Insolvenzverwalters, der das in Konkurs gegangene Stahlwerk abwickelt. Entsprechend wenig beliebt ist der Junge bei den anderen Kindern, deren Väter ihre Arbeit verloren haben. Die Schließung des Stahlwerks stürzt die Stadt in eine finstere Untergangsstimmung. Diese mutmaßlich unmittelbare Auswirkung der Wirtschaftskrise thematisiert der Film bis auf die Anspielungen gegen Gruber nicht direkt. Die stillgelegte Werkshalle ist nunmehr verbotener Abenteuerspielplatz der Kinder.
In der Figur von Gruber manifestiert sich unverkennbar der Geist des aufkommenden Faschismus. Gruber nutzt die Verhältnisse geschickt aus, um sich als autoritärer Führer in Position zu bringen. Er begründet mit den Schülern der Klasse A eine Organisation "Die ehrliche A", mit der sie sich aus ihrem ganz unbedarften Selbstverständnis heraus identifizieren, ohne zu begreifen, wie sie von Gruber manipuliert werden. Mit Kampfparolen und Uniformierung stärkt Gruber das Gruppengefühl und schürt den Haß auf die Klasse B. Nur der Maulwurf durchschaut das gefährliche Spiel, wodurch er vom Freund zum Feind wird.
Das Motiv Wahrheit und Lüge ist in der Erzählung auf drei Ebenen verknüpft. Der vaterlose Alexander findet heraus, daß seine Mutter ihm über den Vater eine Lügengeschichte aufgetischt hat. Seine eigenen Lügen lösen dann in der Schulklasse eine Verkettung von unglückseligen Ereignissen aus, in die alle mit hineingezogen werden. Durch ihre Leichtgläubigkeit werden die Kinder dabei auf zweiter Ebene Opfer des Verführers Gruber.
Schauplatz der Geschichte ist eine Stadt mit Bergblick im südlichen Bayern. Der bayerische Dialekt läßt die Handlung an diesem Ort lebendig werden. Regisseur Marcus H. Rosenmüller präsentiert wie schon in "Wer früher stirbt ist länger tot" einen Film mit authentischer Regionalidentität. Der historischen Ausstattung im Ambiente der frühen 1930er Jahre setzt Rosenmüller eine leicht surreal verfremdete Optik entgegen. Das farbarm abgemattete Bild erzeugt eine düstere Atmosphäre mit teilweise in Traumsequenzen und Angstvisionen hineinfließenden Momenten. Als künstlerische Krönung ist die Handlung über den Konflikt der Schulklassen damit begleitet, daß die Schüler im Unterricht Goethes Gedicht "Der Zauberlehrling" lernen und aufsagen müssen. Diese Verse bilden als kongenialer Aphorismus die dritte der zuvor erwähnten Ebenen, indem sie Alexanders alptraumhaftes Erlebnis poetisch beschreiben.
(Pino DiNocchio)
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![]() | 682241 DE |
Tonspur: | Deutsch (Bayerischer Dialekt) | |
Untertitel: | D | |
Länge: | 99 Min. | |
Bild: | 16:9 Widescreen 1:2.35 | |
Extras: | Audiokommentar mit Markus Krojer, Thomas Wittmann und dem Produzenten; Making of; Deleted Scenes & Outtakes; Set-Tour; Spaß am Set; Mit den Kids beim Dreh; VFX-Making of | |
- minus - | Covermotiv mit Zensurzeichen überdruckt |
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