DER GANZ GROSSE TRAUM |
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deutsch 109 Min. | 687299 DE | ||
deutsch 114 Min. | 787299 DE |
Originaltitel: | Der ganz große Traum | |
Filmlänge: | DVD 103 Min. / BD 107 Min. ohne Abspann | |
Regie: | Sebastian Grobler | |
Musik: | Ingo Frenzel | |
Darsteller: | Daniel Brühl, Theo Trebs, Adrian Moore, Till Valentin Winter, Josef Dragus, Henriette Confurius, Burghart Klaussner, Thomas Thieme, Jürgen Tonkel, Justus von Dohnányi, Axel Prahl, Kathrin von Steinburg, Tim Blochwitz, Fabio Seyding, Lennart Betzgen | |
Deutschland 2011 |
Anno 1874 wagt der weitsichtige Rektor des Braunschweiger Martino-Katharineums ein Experiment. Als eines der ersten Gymnasien in Deutschland soll seine Lehranstalt Englischunterricht einführen. Das Deutsche Kaiserreich strebt modernen Zeiten entgegen. Man will nach der Reichseinigung und dem siegreichen Krieg gegen die Franzosen jetzt zu den Großmächten der Welt aufrücken.
Zur Vorbereitung auf die neue Rolle der Deutschen holt Rektor Gustav Merfeld den jungen Lehrer Konrad Koch in das Kollegium. Koch hat in England studiert. Er soll nun in der Untertertia den Knaben die englische Sprache beibringen.
Das Halbwissen der Schüler über England ist haarsträubend. Ihre erste Begegnung mit einer lebenden Fremdsprache ist unbeholfen. Koch verlegt den Englischunterricht kurzerhand vom Klassenraum in die Turnhalle. Dort lehrt er englische Vokabeln und Sätze anhand eines neuartigen Ballspiels, welches er aus England mitgebracht hat. Man benötigt dazu einen mit einer aufgeblasenen Schweinsblase gefüllten Lederball. Diesen tritt man mit dem Fuße so heftig, daß er durch die Luft schießt und in ein aus drei aufgerichteten Latten gebildetes Rechteck fliegt. Das Spiel heißt "Fußball"!
Als der Geschickteste im Umgang mit dem Fußball erweist sich schnell der kleine Joost Bornstedt. Joost ist als erstes und bisher einziges Arbeiterkind für das Gymnasium zugelassen - auch so ein Experiment von Rektor Merfeld, der die Volksbildung für alle Gesellschaftsschichten anstrebt.
Bornstedts schärfster Widersacher ist Klassenführer Felix Hartung, der Sohn des einflußreichsten Großbürgers der Stadt. Seinem überheblichen Vater und dessen elitären Sprüchen nacheifernd, versucht Felix mit allen Schikanen und böswilligen Aktionen, den "Proletarius" zu diskreditieren, damit er wieder von der Schule verschwindet. Lehrer Koch begegnet solchen Intrigen, indem er von den Schülern fordert, das im Fußball geltende Prinzip des fairen Spiels zu befolgen. Das führt dazu, daß sich die Schüler untereinander zum Widerstand gegen das rigide Erziehungssystem der Schule solidarisieren.
Kochs unkonventionelle Unterrichtsmethode gegen den "bloody German Gehorsam" ruft bei Kollegen und Eltern Empörung hervor. Die äffische Balltreterei wird von den Erwachsenen als zutiefst undeutsch und barbarisch empfunden. Der mit den Honoratioren der Stadt besetzte Förderverein des Martino-Katharineums ist alarmiert. Die Vertreter des Großbürgertums sehen in dem ballbegabten Arbeiterkind Joost Bornstedt den Rädelsführer der Unruhe und fürchten gar den Beginn einer sozialistischen Revolution. Es sieht so aus, als fühlte sich das Deutsche Kaiserreich durch das Fußballspiel in seinen Grundfesten erschüttert. Fußball wird an der Schule verboten!
Die Jungen sind aber schon so Feuer und Flamme für das Spiel, daß die ganze Klasse nach dem Unterricht heimlich im Park trainiert. Nur Felix Hartung will nicht mitmachen. Damit ist er in der Klassengemeinschaft isoliert. Felix hat aber noch ganz anderen Kummer. Er ist in das Hausmädchen Rosalie verliebt. Der strenge Vater tadelt den Sohn für sein unstandesgemäßes Interesse und läßt das Mädchen mit Schimpf und Schande hinauswerfen.
Der Konflikt um die englische Lederkugel eskaliert. Die Obrigkeit greift durch. Fußball soll im gesamten Herzogtum Braunschweig verboten werden. Konrad Koch muß gehen. Joost erhält Schulausschluß. Jetzt begreift auch Felix, daß es Zeit ist, mit seinen Kameraden gegen das autoritäre Regime von Schule und Elternhaus zu rebellieren. Die Gymnasiasten haben einen geheimen Plan, um ihr neues Lieblingsspiel zu verteidigen. Das dringt bis ins kaiserliche Schulamt nach Berlin vor, und so wird der Fußball zur Staatsaffäre...
Weder volksweiter Breitensport, noch kommerzieller Profisport waren zu jener Zeit existent. Die Arbeiterklasse mußte bis zum Umfallen arbeiten. In den höheren Schulen gab es Leibesübungen, die der Disziplinierung und auch der Wehrertüchtigung dienten.
Im historischen Kontext ist es gut nachvollziehbar, daß ein solches neuartiges Mannschaftsspiel, welches auf eine Kombination von Technik, Taktik und Zusammenarbeit ausgelegt ist, in der preußischen Autokratie als revolutionäre Gefahr von innen heraus gesehen wurde. Auf dem Spielfeld vereinigten sich Kinder unterschiedlicher Gesellschaftsschichten, um gemeinsam für ein Ziel zu kämpfen. Solcherlei eigenbestimmte Initiative widersprach dem Rollenbild, welches Heranwachsenden damals zugeteilt war. Auch die Idee, mit einer fremden Mannschaft wie der der englischen Jungs freundschaftlich um den Torsieg zu spielen, anstatt mit Gewehren gegen sie in den Krieg zu ziehen, durfte der imperialistischen Politik des Reichs als subversiv gegolten haben.
Den Lehrer Konrad Koch, der am Braunschweiger Gymnasium Martino-Katharineum das aus England stammende Spiel Fußball einführte, gab es wirklich. Allerdings hat seine Biografie nicht viel mit jener der Filmfigur Konrad Koch gemein. Für den Kinofilm wurde die Geschichte darüber, wie der Fußball nach Deutschland kam, so konstruiert, daß sich die zuvor angeführten gesellschaftspolitischen Aspekte darstellen. Der Kontrast zwischen dem Oberschichtsprößling Felix und dem Arbeiterjungen Joost wird ausgekleidet mit unterhaltsamen Figuren wie dem Schüler Otto Schricker, dessen Vater eine Manufaktur für Turngeräte besitzt, wo der pfiffige Filius plötzlich Fußbälle herstellen läßt.
"Der ganz große Traum" ist keinesfalls eine Fußballkomödie, sondern ein amüsantes Sittenbild des 19. Jahrhunderts. Mit fast schon britischem Humor erzählt der Film, wie der Teetrinker Konrad Koch mit fortschrittlicher Pädagogik im Jahr 1874 den Staub an einer kaiserlichen deutschen Schule aufwirbelt. Daniel Brühl läßt sehr nuanciert zwei Gesichter des Konrad Koch durchblicken. Kochs weltmännischer Elan verblaßt im Lauf der Ereignisse immer mehr hinter einer Unsicherheit. Er steht mit seinen modernen Ideen in der Arena von Zucht und Ordnung einsam da, er ist leicht angreifbar. Als ihm das Spiel aus den Händen gleitet, realisiert er mit stillem Schrecken sein Scheitern.
Nur seine Schüler geben sich nicht geschlagen. Die Jungen haben Kochs Lektion begriffen. Jetzt stehen sie für ihren Lehrer ein. Theo Trebs spielt den intriganten Fiesling Felix, der von seinem despotischen Vater so gedemütigt wird, daß er den Glauben in ihn verliert und am Schluß reumütig auf die Seite von Koch und den Klassenkameraden wechselt. Weshalb Felix so signifikant älter und größer ist als die anderen Jungs in der Untertertia, kann nur der Absicht geschuldet sein, die Diskrepanz zwischen ihm, dem tonangebenden Sohn des reichsten Geschäftsmanns, und dem mit Mißgunst belegten, besonders klein gewachsenen Arbeiterkind Joost zu veranschaulichen. Faulheit oder Dummheit wäre bei dem Jungen nicht auszuschließen, jedoch für Hartungs sozialen Stand nicht akzeptabel und demzufolge unrealistisch. Joost, der Sohn einer Fabrikarbeiterin, mag entgegen aller Vorurteile ein intelligenter, schnell lernender Schüler sein. Es bleibt das Motiv für den Größenunterschied zwischen Felix-Darsteller Theo Trebs und Joost-Darsteller Adrian Moore das Geheimnis des Regisseurs. Die jungen Schauspieler gehen jedenfalls ebenso gut in ihren individuellen Rollen auf wie die erwachsenen Charakterköpfe.
(Pino DiNocchio)
687299 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 109 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:2.35 | ||
Extras: | Wendecover; Audiokommentar mit Regisseur Sebastian Grobler und drei Jungs: Theo, Till & Adrian; Deleted Scenes; Outtakes; Making Of; Bildergalerie |
787299 DE - mit Wendecover - | |||
Tonspur: | Deutsch | ||
Untertitel: | D | ||
Länge: | 114 Min. | ||
Bild: | 16:9 Widescreen 1:2.35 | ||
Extras: | Wendecover; Audiokommentar mit Regisseur Sebastian Grobler und drei Jungs: Theo, Till & Adrian; Deleted Scenes; Outtakes; Making Of; Bildergalerie |