DER KALTE HIMMEL

  • Film DVD
  • deutsch
    178 Min.
    689011 DEnicht mehr im Handel

    Originaltitel: Der kalte Himmel
    Regie: Johannes Fabrick
    Musik: Dieter Schleip
    Darsteller: Christine Neubauer, Tim Bergmann, Marcus Mittermeier, Marc Hermann, Eric Hermann, Natascha Paulick, Monika Baumgartner, Leopold Nüßl, Joelle Rose Kleber, Wolfgang Hübsch
    Deutschland 2010

    DER KALTE HIMMEL

    Hopfenbauer Paul Moosbacher kämpft im Winter 1968 in der bayerischen Hollertau um die wirtschaftliche Existenz. Für den Kauf einer neuen Erntemaschine hat er sich hoch verschuldet, und die örtliche Brauerei als einziger Abnehmer des Hopfens diktiert den Preis nach unten.
    Zu diesen Sorgen kommt noch, daß der jüngste Sohn der Familie wegen seines seltsamen Benehmens im Dorf als Sonderling gilt. Felix spielt nicht mit anderen Kindern. Er beschäftigt sich nur mit sich selbst. Ihm fehlt jede emotionale Bindung zu anderen Menschen. Stundenlang verbringt der kleine Junge mit monotonen Bewegungen. Eine besondere Vorliebe zeigt er für Zahlen. Schon vor der Einschulung kann der intelligente Junge rechnen. Zahlenreihen und Statistiken wie etwa den täglichen Wetterbericht im Radio merkt er sich auswendig.
    Trotzdem oder vielleicht auch deshalb will die Schule das Kind nicht aufnehmen. Felix sei ein Fall für die Sonderschule, urteilt der Amtsarzt. Mutter Marie Moosbacher ist empört. Mein Sohn ist doch kein Depp, ruft sie aufgebracht. In den normalen Schulbetrieb kann sich Felix jedoch nicht integrieren. Er lebt ganz in seiner eigenen Welt, nimmt nicht an der Gemeinschaft teil, reagiert mit Wut- und Schreianfällen, wenn ihm jemand zu nahe kommt.
    Der Bub ist ein Teufel, befindet die Großmutter und holt gar den Pfarrer für einen Exorzismus ins Haus. Paul nimmt es gleichgültig. Er hat genug Kummer mit den Finanzschwierigkeiten des Hofs. Nur Marie glaubt fest an ihren Jungen. Unterstützung bekommt sie von unerwarteter Seite. Die Kirche hat einen neuen Kantor eingestellt, der sich zum großen Mißmut der konservativen Gemeinde als Frau entpuppt. Eine Frau an der Kirchenorgel, das geht nicht. Nur Marie versteht sich auf Anhieb mit der jungen Musikerin Alex aus Berlin. Alex Brunner ermutigt Marie, den Felix in München untersuchen zu lassen. Der Gang wird zum Fiasko. In der Psychiatrie der Uniklinik stuft man den 6jährigen vorschnell als Fall frühpubertärer Schizophrenie ein. Eine ungeheuere Fehldiagnose.
    Durch Alex lernt Marie den jungen Arzt Niklas Cromer kennen. Der angehende Kinderpsychiater praktiziert in Berlin. Marie beschließt, mit Felix nach Berlin zu reisen. Die setzt alle Hoffnung darauf, daß Dr. Cromer ihrem Jungen helfen kann...

    "Der kalte Himmel" erzählt ein Stück Medizingeschichte. Es ist die Ära, in der die Psychiatrie sich im starren Gesundheitssystem die Anerkennung eines behandlungsbedürftigen Krankheitsbilds erkämpft. In diesem Prozeß differenziert sich auch die Psychiatrie in mehrere Richtungen aus, verschiedene psychische Erkrankungen werden als eigenständig erkannt. Auch Autismus erfährt nun langsam ein tieferes Verständnis. In jener Zeit wurde Pionierarbeit für nachfolgende Generationen geleistet. Dafür steht der Arzt Niklas Cromer, der zusammen mit mutigen Kollegen für neue Ansätze in der Medizin eintritt.
    Der TV-Zweiteiler zeigt die Zusammenhänge so selbsterklärend, daß eine weiterführende Erläuterung kaum nötig ist. Der Weg zum Verständnis von Felix' Welt wird mit anrührend melancholischer Poesie aufgezeichnet. Die Zwillinge Marc und Eric Hermann spielen mit sensationell intuitivem Verständnis den in sich gekehrten Felix mit seiner abrupten Wechselhaftigkeit zwischen versunkener Hingabe an eine mathematische Betätigung und überreizten Zornausbrüchen.
    Die Genialität des autistischen Jungen ist entwaffnend. Die Aufgaben, welche ihm die Erwachsenen stellen, findet Felix einfach dumm. Deshalb geht er nicht darauf ein, verweigert sich oder gibt Antworten, die die Erwachsenen nicht verstehen. Felix befindet sich auf einem unvergleichlich höheren intellektuellen Niveau. Nur kann er das seiner Umwelt nicht begreiflich machen, weil er als Autist seine Gedanken und Ideen nicht nach außen kommuniziert. Er interagiert nur rudimentär mit anderen Menschen. Er beobachtet sie meist nur und nimmt sie überwiegend als koexistierende Wesen wahr. Felix weiß mit einer überzeugenden Argumentation zu begründen, weshalb er gerade die Primzahlen so gern mag: Sie lassen sich nur durch Eins und durch sich selbst teilen - diese Zahlen wollen am liebsten allein sein!
    Trotz der drei Stunden hat der Film keine unnötigen Längen. Vor der Geschichte von Felix spielt sich die Geschichte von Marie ab, einer starken Frau, die aus der Rolle einer Bäuerin zu der einer Kämpferin wächst, ohne dabei jemals die Selbstachtung zu verlieren. Sie nimmt viele Herausforderungen auf sich, muß sich im urbanen Berlin zu völlig ungewohnten Dingen überwinden, doch ihrem Gefühl, das Richtige für ihr Kind zu tun, vertraut sie fest. Dahinter liegt schließlich noch die Geschichte einer geprüften Ehe, einer Familie, die eine lange Durststrecke durchmachen muß, bis sie zu ihrem ganz besonderen Kind eine Beziehung findet.
    (Pino DiNocchio)


    689011 DE
    Tonspur: Deutsch
    Untertitel: keine
    Länge: 178 Min.
    Bild: 16:9 Widescreen 1:1.78
    Extras:  
    - minus - Covermotiv mit Zensurzeichen überdruckt


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