BE MY BABY (2014)

  • Film DVD
  • deutsch
    100 Min.
    690831 DE

    Originaltitel: Be My Baby
    Regie: Christina Schiewe
    Musik:  
    Darsteller: Carina Kühne, Florian Appelius, Christina Große, Gitta Schweighöfer, Cornelia Köndgen, Paul Faßnacht, Fynn Henkel, Nico Randel, Holger Stockhaus
    Deutschland 2014

    BE MY BABY (2014)

    Eine Broschüre über sexuelle Aufklärung sorgt in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung für Tumult unter den Beschäftigten. Nicole hat das Heftchen mitgebracht. Die junge Frau mit Down Syndrom beschäftigt sich seit kurzem mit dem Wunsch, einen Mann zu heiraten und ein Baby zu bekommen. Ihr Freund Hermann in der Werkstatt denkt nicht an solche Sachen. Er ist nur Nicoles Freund.
    Zuhause in dem Ort, wo sie mit ihrer Mutter wohnt, fällt Nicole der Nachbarsjunge Nick ins Auge. Als Kinder hatten die beiden zusammen gespielt. Mittlerweile bereitet Nick sich auf den Schulabschluß vor. Vielleicht hat sie jetzt bei ihm eine Chance. Nicole macht sich ganz kess an den schüchternen Jugendlichen von der anderen Seite des Gartenzauns heran. Nick ist das sichtlich unangenehm. Zwar ist er deprimiert, weil er gar keine Freunde hat und von den Schulkameraden gemobbt wird, aber das behinderte Mädchen von nebenan ist nicht die Gesellschaft, die er sich wünscht.
    Nicoles Träume von einer romantischen Beziehung nehmen immer plastischer Gestalt an. Der große Schock kommt, als der Arzt feststellt: Nicole ist schwanger!

    Das Recht auf Sexualität ist eine der letzten Dunkelzonen in der weit fortgeschrittenen Emanzipation von Menschen mit Behinderung. Was das Thema so schwer zugänglich macht, ist der Umstand, daß Sexualität ganz allgemein in der Gesellschaft noch immer als unter Verschluß zu haltende Privatsache definiert wird. Demzufolge ist ein selbstbestimmtes Sexualleben für Menschen mit geistiger Behinderung kaum möglich, weil sie wegen der durchgehenden Betreuung und Fremdorganisation ihres Alltags so gut wie keine Privatsphäre haben. Außerdem wird ihnen häufig gar nicht die Fähigkeit zu sexuellen Gefühlen und Bedürfnissen zugetraut, und entsprechend wird Aufklärung und Sexualerziehung unterlassen.
    Christina Schiewe zeigt in ihrem Film "Be My Baby" zahlreiche Aspekte der Problematik auf. Das ganze Spektrum an Vorurteilen und Klischees wird in komödiantischer Form vorgeführt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß solche intoleranten Ansichten weit verbreitet noch existieren, gleichwohl aber nach amtlicher Lesart politisch unkorrekt sind.
    Nicole besitzt durch ihre häusliche Wohnsituation und die liberale Mutter einen gewissen Freiraum, in dem sie ihre Wünsche verwirklichen kann. Zuerst sieht der Zuschauer, wie die junge Frau eine konkrete Vorstellung von Liebe und Sexualität entwickelt. Menschen mit Down Syndrom sind oft theatralisch begabt. Die authentische Darstellerin Carina Kühne beweist das mit ihrem starken Schauspiel. Kühne hat das Down Syndrom, und sie beeindruckt in dem Film mit schauspielerischer Professionalität. Ihre Figur Nicole geht zielstrebig ans Werk. Exakt geplant führt sie ihren Coup durch und vergewaltigt Nick, indem sie den einsamen Jungen mit ihrer Dominanz zu sexuellen Handlungen nötigt, die er eindeutig nicht möchte, gegen die er sich aber in der provozierten Erregung nicht wehren kann. Geschickt und gewagt dreht der Film dabei ein anderes Klischee ins Gegenteil um. Bei sexuellem Mißbrauch können auch Behinderte die Täter und Nichtbehinderte die Opfer sein.
    Wie fatal die Selbstbestimmung vom gesetzlichen Rahmen her beschränkt ist, zeigt sich an der Frage, ob Nicole ihr Baby haben darf. Eine breite Front baut sich gegen ihren Kinderwunsch auf. Die Sorge wiegt schwer, ob ihre durch einen Gendefekt bedingte Behinderung an das Baby vererbt wird. Nicole kann diese Sorge kognitiv nicht erfassen, weil sie sich ihrer eigenen Behinderung nicht in dem Maß bewußt ist. Für sie gibt es nur den unabdingbaren Wunsch, eine eigene Familie zu gründen. Das Wohl des noch nicht geborenen Kindes also muß abgewogen werden gegen das Mutterschaftsrecht. Dabei ist zu unterscheiden zwischen medizinischer Indikation und sozialer Indikation. Ob sie sich ohne fremde Unterstützung als Mutter um ihr Kind wird kümmern können, das beschäftigt hauptsächlich jene Drittpersonen, die im Falle für die Hilfeleistung aufkommen müssen.
    Im Verlauf der Handlung wird durch Nicoles gelebte Sexualität in ihrem sozialen Umfeld mit allen Diskriminierungen aufgeräumt. So bleibt am Ende der Lektion nicht viel übrig, was gegen das Baby spricht, denn in unserer Gesellschaft besitzt das ungeborene Kind generell kein Recht auf eine intakte Mutter- oder Elternschaft. Eine Behinderung der Mutter kann kein Ausschlußgrund sein, sonst müßte auch Frauen, die wegen sozialer Inkompetenz, Bildungsmangel, Suchterkrankung, seelischer Erkrankung und ähnlichen allgemein anerkannten Störungsbildern in der Fürsorge für ein Kind eingeschränkt sind, das Gebären untersagt sein. (Pino DiNocchio)



    690831 DE
    Tonspur: Deutsch
    Untertitel: E
    Länge: 100 Min.
    Bild: 16:9 Widescreen 1:2.35
    Extras:  
    - minus - Covermotiv mit Zensurzeichen überdruckt


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