BÜBCHEN

  • Film DVD
  • deutsch
    86 Min.
    612849 DEnicht mehr im Handel

    Originaltitel: Bübchen
    Regie: Roland Klick
    Musik:  
    Darsteller: Sascha Urchs, Sieghardt Rupp, Renate Roland, Edith Volkmann
    Deutschland (West) 1968

    BÜBCHEN

    An einem Samstagnachmittag soll die jugendliche Nachbarstochter Monika auf den neunjährigen Achim und sein kleines Schwesterchen Katrin aufpassen, während die Eltern der Kinder zusammen mit den Nachbarn auf eine feucht-fröhliche Feier fahren. Die Teenagerin hat wenig Lust dazu, zumal sie Achim nicht ausstehen kann, weil er ständig Lügengeschichten erzählt. Als ihr Freund mit seinem lilafarbenen Auto aufkreuzt, unternimmt sie mit ihm eine Spritztour und läßt die Kinder allein.
    Achim zieht seiner kleinen Schwester eine Plastiktüte über den Kopf und beobachtet, wie sie erstickt. Dann transportiert er die Leiche der Kleinen in eine Decke eingewickelt seelenruhig im Leiterwagen zur nahegelegenen Müllhalde. Unterwegs macht er am Bolzplatz Halt, wo seine Kumpels sich zum Fußballspielen versammelt haben. Sie erwarten Achim schon, denn er besitzt als einziger einen Ball. Lustlos holt Achim seinen Fußball aus dem Leiterwagen und spielt eine Runde mit. Dann zieht er weiter zu der verwilderten Grube, wo Autowracks und anderes Gerümpel in der Landschaft herumliegen, und entsorgt die Leiche im Kofferraum eines Schrottautos.
    Monika ahnt nichts und merkt nichts, als sie von ihrem Ausflug wieder ins Haus kommt. Erst als die beschwipsten Erwachsenen vom Fest zurückkommen, fällt langsam auf, daß Katrin verschwunden ist. Monika wird zur Rede gestellt, sie versucht sich mit Ausflüchten wegzustehlen. Achim weiß nichts. Verzweifelt suchen die Eltern nach dem Kleinkind. Sie machen schnell dem befreundeten Nachbarspaar schwere Vorwürfe, weil deren Tochter nicht richtig aufgepaßt hat. Bei einem ersten Polizeiverhör legt Achim eine Spur zu Monikas Freund, dessen Wagen zur Tatzeit ja auch wirklich in der Straße gewesen war. Der junge Mann ist fassungslos, daß er eines Sittlichkeitsverbrechens verdächtigt wird. Man kann ihm auch nichts nachweisen. Die Polizei kommt bei den Ermittlungen nicht weiter. Während Monika sich bei ihren Aussagen in Widersprüche verstrickt, bleibt Achim wortkarg.

    Auf den ersten Blick entspricht der Film im Handlungsaufbau und vor allem in den Verhörmethoden der Kripo dem typischen westdeutschen Fernsehkrimi der 1960er Jahre - mit Ausnahme des Umstands, daß der Zuschauer den Mörder schon von Beginn an kennt. Allerdings ist auch das sehr vage, denn die Szenen von der Tat sind so flüchtig, daß man das kaum realisiert. Krasse Logiklöcher verleihen zudem dem Film eine ganz andere Intention.
    Irritiert hat das Publikum bei der Aufführung seinerzeit das Fehlen einer explizit aufgedröselten psychologischen Erklärung für den Mord. Genau dies wollte Regisseur Roland Klick nicht liefern, denn die Analyse soll der Zuschauer selbst bewerkstelligen. Es ist nämlich schmerzhafter, wenn man sich unmittelbar in die kleinbürgerliche Welt hineinbegeben muß, um deren emotionale Defizite als Ursache für das Verhalten des Jungen zu erkennen. Eine Menge Leute, die sich mit so einer vermeintlich ganz normalen Familie identifizieren, dürften sich enorm brüskiert fühlen, wenn ihnen vor Augen gehalten wird, daß eine solche Tragödie auch ihnen passieren könnte.
    Zwischen Achim und seinen Eltern besteht eine reine Zweckverbindung, die sich nur auf den technischen Ablauf des Alltags in der Wohngemeinschaft "Familie" beschränkt. Für die persönlichen Interessen, Fragen und Gefühle ihres Sohns haben die selbstbezogenen Eltern überhaupt keine Wahrnehmung. Roland Klick beobachtet mit der Kamera in bedrückender Atmosphäre ein Geschehen, wie es später Michael Haneke in "Bennys Video" aufgreift. Allerdings ist der Charakter des Jungen in "Bübchen" vielschichtiger. Achim kann mit seinen neun Jahren die Dimension der begangenen Tötung nicht erfassen, er konstruiert aber mit einer unheimlich wirkenden Intelligenz Geschichten und Motive rund um den Vorfall. Im übrigen läßt der Film gar nicht eindeutig erkennen, ob Achim seine Schwester vorsätzlich tötet oder ob es ein Unfall ist, den er dann vertuscht. Der Vorgang selbst ist nämlich nicht zu sehen. Eindeutig hingegen und noch viel krasser als das Verhalten des Jungen ist die Reaktion des Vaters, als er die grausige Entdeckung macht. (Pino DiNocchio)


    612849 DE
    Tonspur: Deutsch
    Untertitel: E
    Länge: 86 Min.
    Bild: 4:3 Vollbild 1:1.66
    Extras: Audiokommentar des Regisseurs, aktuelles Interview mit Roland Klick


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