JENA PARADIES |
|||
---|---|---|---|
![]() 83 Min. | 655499 DE | nicht mehr im Handel |
Originaltitel: | Jena Paradies | ![]() |
Regie: | Marco Mittelstaedt | |
Musik: | ||
Darsteller: | Stefanie Stappenbeck, Luca de Michieli, Bruno Frank Apitz, Hans-Jochen Wagner, Josephine Henke | |
Deutschland 2004 |
Jeanette lebt als alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn Louis in Jena, wo sie sich mit allerlei Jobs durchschlägt. Zur Zeit arbeitet sie im Fußballstadion als Hausmeisterin und Trikotwäscherin für die Mannschaft von der Amateurliga. Für ihren Sohn hat sie wenig Zeit, oft bleibt der Junge sich selbst überlassen, ohne daß sie sich dessen bewußt ist. Und wenn ihr gerade mal spontan auffällt, daß sie ein Kind hat, dann gehen ihre einsamen Aktivitäten und Unternehmungen, die sie sich für ihn ausdenkt, voll an den Bedürfnissen eines 10jährigen vorbei. In Jeanettes egomanischem Lebenswandel ist gar kein Platz für ein Kind.
Louis wünscht sich eine richtige Familie. Bloß, ausgerechnet der neue Nachbar Philipp, mit dem Jeanette eine Affäre beginnt, der muß ihm nun wirklich nicht den Ersatzvater vorspielen - zumal er selber Frau und Kind hat. So bleibt der grantige Platzwart Harry, der im Fußballstadion penibel den Rasen pflegt, der einzige Mensch, mit dem Louis reden kann. Harry ist auch einer von denen, die das Leben einfach vergessen hat. Er hat keine Frau, und eigentlich kann niemand ihn leiden.
Für Louis Wunsch, seine Großeltern zur Silberhochzeit zu besuchen, hat Jeanette auch nichts übrig. Von ihrer Familie will sie nichts wissen. Sie hat sich schon lange abgeseilt, nur so richtig am Boden angekommen ist sie noch immer nicht...
Als Mensch mit gesundem Instinkt kann man nur den Kopf schütteln, wie eine Frau als Mutter so neben der Kappe sein kann. Gewiß, die hat ihr eigenes Leben nicht im Griff, sie hat ein Problem mit ihrer Identität. Aber daß sie deshalb in der Mutterrolle versagt und das Kind darunter leiden muß, das ist trotzdem nicht entschuldbar. Gleichwohl ist es in Deutschland an der traurigen Tagesordnung, daß Kinder mit Elternteilen aufwachsen, die selbst nie ganz erwachsen geworden sind und denen jegliche Verantwortung abgeht.
Erheiternd ist der Film also nicht, die Komik ist eher deprimierend. Für einen sozialkritischen Anspruch fehlt die Tiefe, und das war auch gar nicht die Zielsetzung. Der Film wälzt nicht nach dem üblichen Standardmuster den Familienkonflikt von Jeanette aus, sondern zeigt nur Jeanette selbst in ihrer Orientierungslosigkeit und die Folgen, die ihr Verhalten für Louis hat. Der Zuschauer kann sich aus den Andeutungen selbst ausdenken, was hinter Jeanettes Zustand steckt, welche Vorgeschichte sie innerlich so haltlos und chaotisch gemacht hat - oder es auch auslassen.
Es ist keine Falldarstellung oder gar psychosoziale Analyse. Der Film beleuchtet gezielt genau die Ebene dazwischen, die zwischen wissenschaftlicher Ausführung und oberflächlicher Unterhaltung. Da sind letztlich zwei Personen, eine Mutter und ihr kleiner Sohn, die beide in verkapselten Halbwelten leben. Interessant ist die visuelle Umsetzung dieser Halbwelten durch die gewählten Lokalitäten. Da ist die schrullige Kleinstadt mit ländlicher Umgebung. Die eigene Wohnung ist eine Baustelle. Im Kontrast dazu steht das riesige, stets gespenstisch leere Stadion mit seinem in widernatürlichem Neongrün leuchtenden Rasen. In einem Moment fühlt man sich beengt, im nächsten Moment fühlt man sich verloren. An solchen interpretationsträchtigen filmakademischen Details tobt sich der Regisseur aus.
(Pino DiNocchio)
![]() |
![]() | 655499 DE |
Tonspur: | Deutsch | |
Untertitel: | D, E | |
Länge: | 83 Min. | |
Bild: | 16:9 Widescreen 1:1.85 | |
Extras: | Interviews, Portrait der Bildgestalterin, Jena - die Stadt, Fotogalerie |
![]() | ![]() |